Fachartikel: Die eigene Yoni kennenlernen: Wie läuft eine "Spiegelsitzung" & ein "G-Flächen-Mapping" ab?

Raum für die Spiegelsitzung mit G-Punkt-Mapping in Konstanz

Mit welchen Fragestellungen kommen Klientinnen zu solch einer Sitzung?
Frauen, die zu solch einem Termin kommen, wollen mehr über ihre weibliche Anatomie, speziell über ihre Yoni, erfahren und bringen ein gewisses Maß an Neugier mit. Die häufigste Frage, die ich höre, lautet: „Bin ich normal wie ich ‚da unten‘ aussehe?“ Und wie groß ist die Erleichterung, wenn ich dies bestätige! Ich finde es sehr schade, dass immer noch so viele Frauen – und auch Männer, wie ich in meinen Männerworkshops zur weiblichen Intim-Massage feststelle – nichts von der Vielfalt der Yonis wissen. Dies liegt meines Erachtens daran, dass in Pornos meist nur ein Yonityp* dargestellt wird, nämlich der, wo die inneren Yonilippen von den äußeren bedeckt werden. Auch in Zeitschriften mit nackten Frauen wird dementsprechend viel retuschiert und bearbeitet, wenn der Intimbereich einer Darstellerin nicht der „Porno-Norm“ entspricht. Daher ist es ein großer Wunsch von mir, auf diese einseitige Darstellung hinzuweisen, sie zu hinterfragen und Frauen zu ermutigen, das Aussehen ihrer Yoni so anzunehmen wie es ist.
(*Die Cherokee-Indianer teilen Yonis in fünf anatomische Haupttypen ein, sehr gut dargestellt im Buch „Auf den Schwingen weiblicher Sexualität“ von Doris Christinger.)

Für welche Frauen ist das etwas und für welche nicht?
Eine solche Sitzung ist generell für jede Frau geeignet, die mehr über sich und ihre Yoni lernen möchte. Meiner Meinung nach ist es wichtig, dass sich jede Frau in diesem Bereich sehr gut auskennt, schließlich ist die Yoni eins unserer weiblichsten Organe – zusammen mit dem restlichen „Schoßraum“. Frauen, die ein Thema mit Nacktheit haben, empfehle ich zuerst eine „Schoßraum®-Prozessbegleitung“, bei der die Kleidung an bleibt und die Klientin mit ihrem Körper in Kontakt kommt.

Wie läuft eine Spiegelsitzung ab?
Ich vermittle der Klientin anatomische Details über Zeichnungen und ein digitales 3-D-Computerprogramm, wo man zum Beispiel sehen kann, dass die Klitoris zwei „Beinchen“ hat und diese tief in das Körperinnere hineinreichen. Im Anschluss daran zeige ich der Frau Bilder von verschiedenen Yoniarten und frage sie, welchen Typ sie ihrer Meinung nach hat. Viele Frauen können das gar nicht beantworten, da sie entweder noch nie oder nur oberflächlich ihren Intimbereich angeschaut haben. Diese Unkenntnis finde ich sehr schade – umso toller, dass Frauen wieder etwas an diesem Zustand ändern. Dieses Wissen ist so wichtig!
Danach geht es los mit der Spiegelsitzung. Die Klientin zieht ihren Slip aus und bindet sich einen Lunghi, also ein Tuch, um. Dann setzt sie sich auf meine Liege, die ich so vorbereitet habe, dass die Frau sich bequem anlehnen kann. Außerdem liegen schon ein Handspiegel, eine kleine Taschenlampe, Gleitgel, ein Zeigestäbchen (ähnlich einem Wattestäbchen mit langem Stiel) und ein Spekulum bereit. Ich leite die Klientin durch eine kurze „Verwurzelungsmeditation“, bei der sie mit sich in Kontakt kommen kann. Dann bitte ich sie, in sich hinein zu fühlen und mir mitzuteilen, wie es ihr gerade geht und wie sie ihren Körper wahrnimmt. Oftmals ist sie anfangs aufgeregt, was sich jedoch meist schnell ändert, da die Neugier überwiegt .
Danach bitte ich die Frau, sich möglichst bequem hinzusetzen, den Lunghi beiseite zu schieben und ihre Beine angewinkelt aufzustellen. Ich stelle den Handspiegel zwischen ihre Füße so hin, dass ihre Yoni im Spiegel gut sichtbar ist. Dann bitte ich die Klientin, ihre Hand auf die Yoni zu legen und so Kontakt mit dieser aufzunehmen. Sie kann ihr mitteilen, dass nichts „geleistet“ oder „erreicht“ werden muss, sondern dass wir jetzt gemeinsam auf eine Forschungsreise gehen. Dies ist erfahrungsgemäß wichtig zu erwähnen, da die meisten Menschen in unserer Gesellschaft leistungs- und zielorientiert sind und ich in diese Situation Entspannung bringen möchte.
Nach einiger Zeit frage ich die Frau, ob sie bereit ist, ihre Yoni im Spiegel anzusehen und ob sie das erst alleine oder mit mir zusammen machen möchte. Meistens soll ich gleich mitschauen. Ich gebe ihr etwas Gleitgel, mit dem sie ihren Intimbereich einölt. Ich stehe seitlich hinter der Klientin und halte die kleine Taschenlampe so, dass die Yoni gut beleuchtet wird und die Frau im Spiegel alles sehen kann. Gemeinsam nehmen wir uns Zeit, die individuelle Besonderheit ihrer Vulva, also des äußeren Bereichs der Yoni, zu betrachten und zu bestaunen. Es gibt spezielle Formen und Ausprägungen der inneren und äußeren Yonilippen (ich benutze bewusst eine Sprache mit schöneren Worten als den bekannten Begriffen, also statt „Schamlippen“ lieber „Yoni-“ oder „Venuslippen“, statt „Klitoris“ lieber „Perle“ und so weiter). Faszinierend finde ich immer wieder das leuchtende Farbenspiel der unterschiedlichsten Rottöne, von hellem Pink über kräftigem Erdbeerrot bis zu dunklem Magenta. So kann die Frau sehen und erleben, wie schön und einzigartig ihre Yoni ist.
Danach zeige ich mit dem Stäbchen Perle und Schaft, Harnröhren- und Yoni-Eingang, Damm und After. Zwischendrin halten wir immer wieder inne und machen sogenannte „Spürpausen“. Manchmal kommen Emotionen hoch, die wertfrei da sein dürfen. Außerdem schauen wir gemeinsam, welchen Yonityp die Klientin hat und ich erzähle einige typische Merkmale dazu. Damit ist die Spiegelsitzung zu Ende.

Spekulum zur Untersuchung der Vagina bei der Spiegelsitzung

Was ist ein „G-Flächen-Mapping“?
Falls die Klientin noch weiter forschen möchte gibt es die Möglichkeit, mit einem „G-Flächen-Mapping“ fortzufahren. (Ich sage bewusste nicht „G-Punkt“, weil es genau genommen eine Fläche ist und es nicht um einen einzelnen Punkt geht.) Ich zeige der Klientin, wie man ein Spekulum benutzt und unterstütze sie dann beim Einführen und Fixieren der Feststellschraube. Ein Spekulum ist das Instrument, mit dem die Gynäkologin oder der Gynäkologe zu Untersuchungszwecken in die Yoni geht. Die Klientin bekommt natürlich ein eigenes steriles Spekulum, das sie vorsichtig einführt und dann langsam auseinander bewegt, sodass das Innere der Yoni zu sehen ist. Je nachdem, wo die Griffe sind, kann man mit Hilfe der Taschenlampe entweder die Yonimuskulatur oder den Gebärmutterhals und die G-Fläche sehen. Letztere ist deutlich als geriffelter Bereich Richtung Bauchdecke zu erkennen.
Nachdem sie das Spekulum wieder entfernt hat und falls die Frau das möchte kann sie sich hinlegen und weiter mit mir forschen. Dazu ziehe ich mir Handschuhe an und gleite langsam mit einem Finger in ihre Yoni hinein. Ich ertaste die gesamte G-Fläche und sage ich ihr gleichzeitig, wo genau ich mich befinde. Dazu nehme ich die Vorstellung eines Uhren-Ziffernblatts, wo 12 Uhr Richtung Kopf geht und 6 Uhr in Richtung Füße. Dies ist das „G-Flächen-Mapping“. Normalerweise gibt es einen Punkt in der G-Fläche, der besonders druckempfindlich ist - er fühlt sich so an, als ob man pinkeln muss. Das ist dann der G-Punkt. Diesen kann man nicht direkt spüren, es ist eher eine energetische Sache, ihn zu finden. Ich frage die Klientin, wie sich die Berührung anfühlt. Oftmals, gerade wenn die Frau noch keine Erfahrung mit der G-Fläche hat, ist das dortige Gewebe taub oder fühlt sich sogar etwas unangenehm an, zum Beispiel dass es „piekst“ oder brennt. Dies kann daran liegen, dass gerade dort unausgedrückte Emotionen gespeichert worden sind. Das dortige Gewebe kann jedoch in Yonimassagen und bei der Selbstliebe (ich sage das statt „Selbstbefriedigung“) nach und nach „erweckt“ werden.

Was weiß eine Frau nach der Sitzung, was sie nicht schon vorher wusste? Welchen Nutzen hat sie davon?
Sie hat neues anatomisches Wissen, kennt ihren Yonityp und hat Ideen bekommen, was förderlich oder hinderlich in ihrer Sexualität sein könnte. Sie hat das Innere und Äußere ihrer Yoni gesehen, weiß jetzt, wo ihre G-Fläche ist und von mir Tipps bekommen, wie sie diese selbst berühren und mit der Zeit „beleben“ kann. Im Idealfall integriert sie in ihrem Alltag „Spürpausen“ und fühlt öfter in ihren Körper, speziell in ihre Yoni, hinein.

Welcher theoretische Background liegt dem zugrunde?
Ich bin erstaunt, dass es immer wieder Leute gibt, die die Existenz der G-Fläche anzweifeln! Ja, für einige Frauen ist es dort eher unangenehm oder sie spüren nichts. Durch professionelle Yonimassagen und die eigene Beschäftigung mit diesem Bereich kann sich dies aber mit der Zeit ändern, sodass sich die G-Fläche sehr lustvoll anfühlen kann. Sie lässt sich übrigens hinter dem Venusbein Richtung Bauchdecke ertasten, das Gewebe fühlt sich riffelig wie die Schale einer Walnuss an. Dort kann auch das weibliche Ejakulat gebildet werden. „Squirten“ bzw. ejakulieren können Frauen in unterschiedlichen Mengen: Bei einigen sind es nur wenige Tropfen, bei anderen kann sich ein kleines Glas füllen. Wichtig zu wissen: Das weibliche Ejakulat ist kein Urin, sondern gleicht dem männlichen – natürlich ohne Spermien.
Über die G-Fläche und das Thema „Ejakulieren“ könnte ich noch viel mehr erzählen, doch das ist hier nicht der Schwerpunkt. Daher verweise ich gerne auf den tollen Artikel meiner Kollegin Inari Hanel.

Alles in allem möchte ich jede Frau ermutigen, besser ihre Yoni kennen zu lernen und zu erforschen, was ihr gut tut und was nicht. Dies ist meines Erachtens ein wichtiger Schritt in eine erfüllte Sexualität!

Buch- & DVD-Empfehlungen:

  • Grunow, Nhanga: G-Punkt Entdeckung – The Spirit of Yoni
  • Sundahl, Deborah: Weibliche Ejakulation und der G-Punkt
  • Cremer, Yella: Das G-Punkt-Handbuch für Sexgötter
  • Henning, Ann-Marlene & Von Keiser, Anika: Make More Love
  • Christinger, Doris: Auf den Schwingen weiblicher Sexualität

Karen Wolff praktiziert als Yonimasseurin und Gesundheitspraktikerin für Sexualkultur in ihrer Praxis „Lust auf Weiblichkeit“ in Konstanz. Ihre Passion ist es, Frauen auf dem Weg in eine kraftvolle Weiblichkeit und erfüllte Sexualität zu begleiten. Ihre Angebote umfassen Yonimassagen, Körperarbeit,Schoßraum®-Prozessbegleitungen,Sexualberatungen, Seminare, Workshops, Vorträge sowie Inspirationsabende.

www.lust-auf-weiblichkeit.de

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